Gesundheitsversorgung und Selbstverwaltung.

„Die Bombardierung von Menschen und Einrichtungen im Nordosten Syriens durch die Türkei stellt derzeit die größte menschliche und gesundheitliche Belastung für die Bevölkerung in Rojava dar, erklärt der Wiesbadener Arzt Michael Wilk.

In der vergangenen Woche haben Menschen in aller Welt zehn Jahre Autonomie und Hoffnung in Nord- und Ostsyrien gefeiert, aber es waren auch zehn Jahre intensiven Drucks von allen Seiten und heftiger militärischer Verteidigung. Die AANES (Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien) musste ihre Strukturen und Institutionen in einer Situation des unerbittlichen Kampfes aufbauen. In einem auf dem Onlineportal Medya News erschienenen Interview von Sarah Glynn erläutert der Arzt Dr. Michael Wilk, was dies für die Entwicklung und die Praxis der Gesundheitsversorgung bedeutet.

Michael Wilk ist politischer Aktivist und Schriftsteller sowie praktizierender Arzt in Deutschland und hat seine medizinischen Fähigkeiten eingesetzt, um Menschen dort zu unterstützen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Seit 2014 hat er in Nordsyrien die Kampfgebiete und die Lager für Binnenvertriebene besucht und eng mit Hevya Sor a Kurd, dem kurdischen Roten Halbmond, zusammengearbeitet.“

„Erfahrung Rojava“ Berichte aus der Solidaritätsarbeit in Nordostsyrien

Michael Wilk (Hrsg.)
„Erfahrung Rojava“
Berichte aus der Solidaritätsarbeit in Nord-Ostsyrien
Mit Beiträgen von Michael Wilk, Nujin, Torsten Lengfeld, Elke Dangeleit, Peng, Beriwan Al-Zin, Thomas Lutz, Meryem, Tom

Verlag Edition AV ISBN 978-3-86841-283-3 250 Seiten 18 € http://www.edition-av.de/

Das Gesellschaftsmodell Nord-Ostsyriens, die Organisierung basisdemokratischer Selbstverwaltung, der Anspruch einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist eine Herausforderung, die großen Einsatz, Mut und Kraft auf Seiten der Menschen Rojavas erfordert. Das Ringen um Autonomie gegenüber dem Assad-Regime, der Kampf gegen den IS und die Bedrohung durch das türkische Erdogan-Regime belasten den Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung. Solidaritätsarbeit ist ein wichtiger unterstützender Faktor in diesem Prozess. Wie sehen, empfinden und bewerten Menschen ihren Einsatz unter diesen Bedingungen, welche Ansprüche vertreten sie, was hat sie motiviert, beflügelt oder auch enttäuscht. Wie manifestiert sich der Prozess der Erfahrung des voneinander Lernens in und um die Bewegung in Rojava in den Herzen und Köpfen der Helfenden?

Dr. Michael Wilk 20. April 21 Haseke Nord/Ostsyrien Rojava

„Dicht neben der Corona-Kinik Washokani befindet sich ein Camp für Geflohene. Hier leben 14.000 Menschen in Zelten unter widrigsten Bedingungen. Ebenfalls bei Haseke, Großstadt/Umland mit ca. 1 Million Einwohner*innen, liegt ein weiteres Camp, Serekaniye mit 11.000 Bewohner*innen. Dieses zweite Camp ist benannt nach der Stadt gleichen Namens, die im Oktober 2019 von türkischer Armee und islamistischen Truppen des  Präsidenten Erdogan erobert wurde. Serekaniye war eine schöne, mehrheitlich kurdisch bewohnt Stadt, direkt an der Grenze der Türkei gelegen. Auf der anderen Seite der politischen Demarkationslinie leben ebenfalls kurdische Menschen, getrennt von ihren Verwandten in Syrien, durch eine von Siegermächten nach dem Ende des osmanischen Reichs gezogene Grenze….“ https://aku-wiesbaden.info/4-bericht-rojava-syrien-von-dr-michael-wilk/ 

Dr. Michael Wilk, 15. April 21, Rojava Nord/Ostsyrien Corona Situation

https://www.youtube.com/watch?v=732b5Solekc

Corona Krankenhaus des #Kurdischen_Roten_Halbmonds bei Haseke. Die Mitarbeiter*Innen von #Heyva_sor_a_kurd#kurdish_red_crescent arbeiten unter höchstem Einsatz an der Rettung der Erkrankten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind aufgrund der allgemeinen Lage eingeschränkt. Geimpft ist niemand, Vaccine wird dringend benötigt.

Dr. Michael Wilk 14.4.21 Haseke Nord/Ostsyrien #Rojava


„Seit April steigen die Infektions- und Erkrankungsraten rapide. Ich bin in der Corona-Klinik des Kurdischen Roten Halbmonds in Haseke. Die Klinik wurde schon im Laufe des letzten Jahres eingerichtet um der Pandemie begegnen zu können. In der Not wurde eine ehemalige Hühnerfarm gereinigt und umgebaut. Ein Trakt dient zur Aufnahme,  bei positivem PCR Test werden Erkrankte in den anderen verlegt. Von 85 Betten sind zzt. 36 mit schwer erkrankten Patien*innen belegt. Schwestern, Pfleger und Kolleg*innen arbeiten im Schichtsystem rund um die Uhr, wie üblich. Der Bitte den hier tätigen Kolleg*innen beratend zur Seite zu stehen komme ich gerne nach, muss jedoch schnell feststellen, dass die therapeutischen Spielräume völlig ausgereizt sind. Meine jahrelange Intensiv- und notfallmedizinische Erfahrung nutzt nichts, alle arbeiten bereits am Limit der Möglichkeiten…“ https://aku-wiesbaden.info/2-bericht-aus-rojava-syrien-von-dr-michael-wilk/

Michael Wilk – Die EU macht sich mitschuldig, Rede Stuttgart 7.12.2019 „Für eine Welt in der niemand fliehen muss – Zeit zu handeln“

https://www.youtube.com/watch?v=aXla4RUuYYM

Die EU macht sich mitschuldig – In Stuttgart demonstrierten gut tausend Menschen für eine Welt, in der niemand fliehen muss Stuttgart. Ein breites Bündnis aus Klima- und Antikriegsgruppen, Gewerkschaften und weiteren Initiativen hatte am Samstag, 7. Dezember 2019, eine Demonstration in der Stuttgarter Innenstadt initiiert. Das Motto lautete: „Für eine Welt in der niemand fliehen muss – Zeit zu handeln“. Es beteiligten sich etwa 1000 Menschen. Auf der Abschlusskundgebung sprachen der Arzt Michael Wilk (…). Wilk war seit 2014 immer wieder in Rojava, zuletzt im Oktober dieses Jahres. Er berichtete von seinen Erlebnissen an der Front. Ziel der Türkei sei, die kurdische Selbstverwaltung in Rojava zu zerstören. Das türkische Vorgehen sei ein Kriegsverbrechen erster Güte. Wilk kritisierte sowohl die Europäische Union als auch die deutsche Regierung dafür, dass …. Weitere Infos unter https://beobachternews.de/2019/12/17/…

Deutscher Arzt berichtet aus Syrien „Von Europas Regierungen allein gelassen“

Deutscher Arzt berichtet aus Syrien heute.de Juli 2016 (nicht mehr im zdf online-archiv vorhanden)

„Von Europas Regierungen allein gelassen“Der Kampf der Kurden gegen die IS-Terroristen fordert hohe Opfer. Ein Embargo der Türkei erschwert das Überleben in Nordsyrien zusätzlich. Doch auf Hilfe aus Brüssel oder Berlin warten die Kurden vergebens. Beobachtungen eines deutschen Arztes.

Von Dr. med. Michael Wilk, zurzeit in Rojava (Nordsyrien)

//Infobox//Michael Wilk……ist Arzt, Psychotherapeut, Autor und Umweltaktivist. Seit 2014 hat Wilk mehrere humanitäre Hilfseinsätze in Rojava im Norden Syriens geleistet. Nun will der Wiesbadener den kurdischen Roten Halbmond beim Aufbau eines permanenten Rettungssystems unterstützen. Er berichtet von seinen Erfahrungen vor Ort bei heute.de.//

Der Kühlwagen kommt. In Deutschland lieferte er Eiscreme oder andere Nahrungsmittel. Hier in Nordsyrien transportiert er Frontopferin die Stadt Kobane, die weltweit zumSymbol des kurdischen Widerstands gegen den IS wurde. Der Laster ist eine Spende aus Deutschland, finanziert vom kurdischen Roten Halbmond. Er ist bitter nötig bei 45 Grad im Schatten.

Der Kampf gegen die IS-Terroristen fordert hohe Opfer.

Wir sind im Feldhospital nahe der Stadt Manbij. Hierher werden die Verwundeten von der vorderen Frontlinie gebracht. Der IS ist im Zentrum der Stadt eingeschlossen und hat die Gebäude vermint. Sprengfallen und Scharfschützen kosteten in den vergangenen Tagen viele Opfer. Der kurdische Rote Halbmond versorgt und transportiert Schwerverwundete nach der Erstversorgung nach Kobane. Wie überall in Nordsyrien sind die Mittel begrenzt: Es fehlt an qualifiziertem Personal, gut ausgestatteten Rettungswagen und Medikamenten. Durch das bestehende Embargo der Türkei erfolgen Hilfslieferungen ausschließlich über den Nordirak –ein Weg, der phasenweise auch verbaut ist. Die Verwundeten, vor allem aber die Zivilisten, leiden unter dem Embargo. Sie sind in höchstem Maße abhängig von den Hilfslieferungen der Nichtregierungsorganisationen, denn Unterstützung kommt ausschließlich von dort.

Die Zukunftsängste des jungen kurdischen Pflegers Amed

Der 21-jährige Amed, sonst eher der Spaßvogel des Sanitätsstützpunkts, ist beim gemeinsamen Abendessen bedrückt. Er hat seine Zeugnisse fotografiert und zeigt sie mir auf dem Display seines Handys: Bescheinigungen über seine Kurse beim kurdischen Roten Halbmond, seine Pflegeweiterbildung im Krankenhaus von Kobane. „Ich weiß nicht,ob ich hier eine Zukunft haben werde“, sagt er. Amed würde gern Medizin studieren, aber der Weg in Syrien ist verbaut. Die Universitäten sind zerstört oder sie liegen auf dem Gebiet des Assad-Regimes. „Ich würde sofort in die Armee gepresst, wenn ich den Boden von Damaskus betreten würde“, sagt Amed und kämpft mit den Tränen.

Viele Menschen sind physisch und psychisch ausgezehrt

Nachdem sein Bruder im Kampf gegen den IS fiel, floh dieFamilie aus dem zuvor umkämpften Hasake nach Deutschland. Sein älterer Bruder musste den gehbehinderten Vater, die Mutter und die jüngere Schwester auf dem Weg in die Fremde begleiten. Ich bin erleichtert zu erfahren, dass sie die Flucht antraten, als die Grenzen Europas für einen Moment offen waren und dass sie sicher in einer Stadt Zuflucht fanden, die nicht von nationalistischem Fremdenhass und dumpfer Ignoranz dominiert wird. Ebenfalls zu fliehen ist für Amed keine Option, obwohl seine Eltern ihn gerne sicher in Europa wüssten. Er will Rojava nicht verlassen. Er sei denen nicht Gram, die geflohen seien, sagt Amed. Oft gäbe es keine Wahl, wie bei seinem Bruder. Er kenne auch viele, die es einfach nicht mehr aushielten: Den Terror des IS, die Bomben, die psychische Belastung des Kampfes oder der Arbeit im Krankenhaus. Viele seien einfach fertig mit den Nerven.

Einwohner Rojavas von den Regierungen Europas im Stich gelassen

Es sind wiederum dieselben Nichtregierungsorganisationen, die sich in Zusammenarbeit mit dem kurdischen Roten Halbmond darum bemühen, Möglichkeiten der psychosozialen Betreuung zu etablieren, die so dringend benötigt werden. Nicht nur die akut Verletzten und die dauerhaft Verstümmelten, sondern auch die seelisch Verwundeten bedürfen der Hilfe. Die Regierungen Europas tun nichts, um die Lebensbedingungen der Menschen Rojavas zu verbessern. Menschen wie Amed eine Zukunft zu geben, am besten in seinem eigenen Land, in Würde und einer Perspektive auf Selbstbestimmung.

Junge Menschen, für die wir nichts mehr tun können

Gäbe es für jedes zynische Politikerversprechen, für jede gedroschene Phrase eines Regierungsvertreters und vor allem für die Ahnungslosigkeit der Entscheider eine gute Summe Geld–den Menschen hier wäre sehr geholfen. Noch im Lauf des Abends bringen uns die Pickups drei weitere Schwerverwundete und zwei junge Menschen, für die wir nichts mehr tun können.